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Madaus – 90. Lfg. 12.2021 – EuInsVO 2015 Artikel 2 – Begriffsbestimmungen
RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG © RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG 978-3-8145-8700-4 Prütting/Bork/Jacoby (Hrsg.), KPB – Kommentar zur Insolvenzordnung 2022 Artikel 2 Begriffsbestimmungen
Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck
  • 1. „Gesamtverfahren“ ein Verfahren, an dem alle oder ein wesentlicher Teil der Gläubiger des Schuldners beteiligt sind, vorausgesetzt, dass im letzteren Fall das Verfahren nicht die Forderungen der Gläubiger berührt, die nicht daran beteiligt sind;
  • 2. „Organismen für gemeinsame Anlagen“ Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) im Sinne der Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates1 und alternative Investmentfonds (AIF) im Sinne der Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates2;
  • 3. „Schuldner in Eigenverwaltung“ einen Schuldner, über dessen Vermögen ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde, das nicht zwingend mit der Bestellung eines Verwalters oder der vollständigen Übertragung der Rechte und Pflichten zur Verwaltung des Vermögens des Schuldners auf einen Verwalter verbunden ist, und bei dem der Schuldner daher ganz oder zumindest teilweise die Kontrolle über sein Vermögen und seine Geschäfte behält;
  • 4. „Insolvenzverfahren“ ein in Anhang A aufgeführtes Verfahren;
  • 5. „Verwalter“ jede Person oder Stelle, deren Aufgabe es ist, auch vorläufig
    • i) die in Insolvenzverfahren angemeldeten Forderungen zu prüfen und zuzulassen;
    • ii) die Gesamtinteressen der Gläubiger zu vertreten;
    • iii) die Insolvenzmasse entweder vollständig oder teilweise zu verwalten;
    • iv) die Insolvenzmasse im Sinne der Ziffer iii zu verwerten oder
    • v) die Geschäftstätigkeit des Schuldners zu überwachen.
Die in Unterabsatz 1 genannten Personen und Stellen sind in Anhang B aufgeführt;
  • 6. „Gericht“
    • i) in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben b und c, Artikel 4 Absatz 2, Artikel 5, Artikel 6, Artikel 21 Absatz 3, Artikel 24 Absatz 2 Buchstabe j, Artikel 36, Artikel 39 und Artikel 61 bis Artikel 77 das Justizorgan eines Mitgliedstaats;
    • ii) in allen anderen Artikeln das Justizorgan oder jede sonstige zuständige Stelle eines Mitgliedstaats, die befugt ist, ein Insolvenzverfahren zu eröffnen, die Eröffnung eines solchen Verfahrens zu bestätigen oder im Rahmen dieses Verfahrens Entscheidungen zu treffen;
  • 7. „Entscheidung zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens“
    • i) die Entscheidung eines Gerichts zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens oder zur Bestätigung der Eröffnung eines solchen Verfahrens und
    • ii) die Entscheidung eines Gerichts zur Bestellung eines Verwalters;
  • 8. „Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung“ den Zeitpunkt, zu dem die Entscheidung zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens wirksam wird, unabhängig davon, ob die Entscheidung endgültig ist oder nicht;
  • 9. „Mitgliedstaat, in dem sich ein Vermögensgegenstand befindet“, im Fall von
    • i) Namensaktien, soweit sie nicht von Ziffer ii erfasst sind, den Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet die Gesellschaft, die die Aktien ausgegeben hat, ihren Sitz hat;
    • ii) Finanzinstrumenten, bei denen die Rechtsinhaberschaft durch Eintrag in ein Register oder Buchung auf ein Konto, das von einem oder für einen Intermediär geführt wird, nachgewiesen wird („im Effektengiro übertragbare Wertpapiere“), den Mitgliedstaat, in dem das betreffende Register oder Konto geführt wird;
    • iii) Guthaben auf Konten bei einem Kreditinstitut den Mitgliedstaat, der in der internationalen Kontonummer (IBAN) angegeben ist, oder im Fall von Guthaben auf Konten bei einem Kreditinstitut ohne IBAN den Mitgliedstaat, in dem das Kreditinstitut, bei dem das Konto geführt wird, seine Hauptverwaltung hat, oder, sofern das Konto bei einer Zweigniederlassung, Agentur oder sonstigen Niederlassung geführt wird, den Mitgliedstaat, in dem sich die Zweigniederlassung, Agentur oder sonstige Niederlassung befindet;
    • iv) Gegenständen oder Rechten, bei denen das Eigentum oder die Rechtsinhaberschaft in anderen als den unter Ziffer i genannten öffentlichen Registern eingetragen ist, den Mitgliedstaat, unter dessen Aufsicht das Register geführt wird;
    • v) Europäischen Patenten den Mitgliedstaat, für den das Europäische Patent erteilt wurde;
    • vi) Urheberrechten und verwandten Schutzrechten den Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet der Eigentümer solcher Rechte seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder Sitz hat;
    • vii) anderen als den unter den Ziffern i bis iv genannten körperlichen Gegenständen den Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet sich der Gegenstand befindet;
    • viii) anderen Forderungen gegen Dritte als solchen, die sich auf Vermögenswerte gemäß Ziffer iii beziehen, den Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet der zur Leistung verpflichtete Dritte den Mittelpunkt seiner hauptsächlichen Interessen im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 hat;
  • 10. „Niederlassung“ jeden Tätigkeitsort, an dem der Schuldner einer wirtschaftlichen Aktivität von nicht vorübergehender Art nachgeht oder in den drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Hauptinsolvenzverfahrens nachgegangen ist, die den Einsatz von Personal und Vermögenswerten voraussetzt;
  • 11. „lokaler Gläubiger“ den Gläubiger, dessen Forderungen gegen den Schuldner aus oder in Zusammenhang mit dem Betrieb einer Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat als dem Mitgliedstaat entstanden sind, in dem sich der Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen des Schuldners befindet;
  • 12. „ausländischer Gläubiger“ den Gläubiger, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt, Wohnsitz oder Sitz in einem anderen Mitgliedstaat als dem Mitgliedstaat der Verfahrenseröffnung hat, einschließlich der Steuerbehörden und der Sozialversicherungsträger der Mitgliedstaaten;
  • 13. „Unternehmensgruppe“ ein Mutterunternehmen und alle seine Tochterunternehmen;
  • 14. „Mutterunternehmen“ ein Unternehmen, das ein oder mehrere Tochterunternehmen entweder unmittelbar oder mittelbar kontrolliert. Ein Unternehmen, das einen konsolidierten Abschluss gemäß der Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates3 erstellt, wird als Mutterunternehmen angesehen.
Literatur: Brinkmann, Grenzüberschreitende Sanierung und europäisches Insolvenzrecht, KTS 2014, 381; Brünkmans, Auf dem Weg zu einem europäischen Konzerninsolvenzrecht, ZInsO 2013, 797; Eble, Auf dem Weg zu einem europäischen Konzerninsolvenzrecht – Die „Unternehmensgruppe“ in der EuInsVO 2017, NZI 2016, 115; Garcimartín, The situs of shares, financial instruments and claims in the Insolvency Regulation Recast: seeds of a future EU instrument on rights in rem?, IPRax 2015, 489; ders., The EU Insolvency Regulation Recast: Scope, Jurisdiction and Applicable Law, ZEuP 2015, 694; Laukemann, (2016) Regulatory copy and paste: the allocation of assets in cross-border insolvencies – methodological perspectives from the Nortel decision, Journal of Private International Law, 12:2, 379; Mankowski, Neuerungen bei der Belegenheit von Vermögensgegenständen durch Art. 2 Nr. 9 EuInsVO 2015, in: Festschrift Pannen, 2017, S. 243; Oberhammer, „Ausländische“ Aktien an inländischen Gesellschaften und § 99 JN, ecolex 2003, 667; Reuß, Europäisches Insolvenzrecht 3.0 oder doch nur Version 1.1?, EuZW 2013, 165; J. Schmidt, Das Prinzip „eine Person, ein Vermögen, eine Insolvenz“ und seine Durchbrechungen vor dem HinterHintergrundgrund der aktuellen Reformen im europäischen und deutschen Recht, KTS 2015, 19; Virgós/Schmit, Erläuternder Bericht zu dem EU-Übereinkommen über Insolvenzverfahren, in: Stoll, Vorschläge und Gutachten zur Umsetzung des EU-Übereinkommens über Insolvenzverfahren im deutschen Recht, 1997, S. 32; Zipperer, Der vorläufige Insolvenzverwalter – offene Fragen und Probleme in der neuen EuInsVO, ZInsO 2018, 960.

Übersicht

I. Normzweck II. Begriffsbestimmungen 1. Gesamtverfahren (Nr. 1) 2. Organismen für gemeinsame Anlagen (Nr. 2) 3. Schuldner in Eigenverwaltung (Nr. 3) 4. Insolvenzverfahren (Nr. 4) 5. Verwalter (Nr. 5) a) Forderungsprüfung- und -zulassung b) Vertretung der Interessen aller betroffenen Gläubiger c) Verwaltung der Insolvenzmasse d) Verwertung der Insolvenzmasse e) Überwachung der Geschäftstätigkeit des Schuldners 6. Gericht (Nr. 6) a) Justizorgan b) Funktional zuständige „sonstige Stelle“ 7. Entscheidung zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens (Nr. 7) 8. Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung (Nr. 8) 9. Mitgliedstaat, in dem sich ein Vermögensgegenstand befindet (Nr. 9) a) Grundgedanke b) Maßgeblicher Zeitpunkt c) Maßgebliches Gericht d) Zuordnungsregeln aa) Unbewegliche Sachen bb) Bewegliche Sachen cc) Wertpapiere und Gesellschaftsanteile dd) Patente und verwandte Schutzrechte ee) Guthaben auf Konten ff) Forderungen gg) Sonstige Gegenstände im Schuldnervermögen 10. Niederlassung (Nr. 10) a) Ort wirtschaftlicher Schuldneraktivität b) Einsatz von Personal und Vermögenswerten c) Nicht vorübergehender Art 11. Lokaler Gläubiger (Nr. 11) 12. Ausländischer Gläubiger (Nr. 12) 13. Unternehmensgruppe (Nr. 13) 14. Mutterunternehmen (Nr. 14)
1
1)
Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) (ABl. L 302 vom 17.11.2009, S. 32).
2
2)
Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2011 über die Verwalter alternativer Investmentfonds und zur Änderung der Richtlinien 2003/41/EG und 2009/65/EG und der Verordnungen (EG) Nr. 1060/2009 und (EU) Nr. 1095/2010 (ABl. L 174 vom 1.7.2011, S. 1).
3
3)
Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen und zur Änderung der Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates (ABl. L 182 vom 29.6.2013, S. 19).

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