Kommentar

Detailsuche


Prütting – 99. Lfg. 03.2024 – InsO § 3a – Gruppen-Gerichtsstand
RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG © RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG 978-3-8145-8700-4 Prütting/Bork/Jacoby (Hrsg.), KPB – Kommentar zur Insolvenzordnung 2024 § 3a Gruppen-Gerichtsstand
(1) 1Auf Antrag eines Schuldners, der einer Unternehmensgruppe im Sinne von § 3e angehört (gruppenangehöriger Schuldner), erklärt sich das angerufene Insolvenzgericht für die Insolvenzverfahren über die anderen gruppenangehörigen Schuldner (Gruppen-Folgeverfahren) für zuständig, wenn in Bezug auf den Schuldner ein zulässiger Eröffnungsantrag vorliegt und der Schuldner nicht offensichtlich von untergeordneter Bedeutung für die gesamte Unternehmensgruppe ist. 2Eine untergeordnete Bedeutung ist in der Regel nicht anzunehmen, wenn im vorangegangenen abgeschlossenen Geschäftsjahr die Zahl der vom Schuldner im Jahresdurchschnitt beschäftigten Arbeitnehmer mehr als 15 Prozent der in der Unternehmensgruppe im Jahresdurchschnitt beschäftigten Arbeitnehmer ausmachte und
  • 1. die Bilanzsumme des Schuldners mehr als 15 Prozent der zusammengefassten Bilanzsumme der Unternehmensgruppe betrug oder
  • 2 die Umsatzerlöse des Schuldners mehr als 15 Prozent der zusammengefassten Umsatzerlöse der Unternehmensgruppe betrugen.
3Haben mehrere gruppenangehörige Schuldner zeitgleich einen Antrag nach Satz 1 gestellt oder ist bei mehreren Anträgen unklar, welcher Antrag zuerst gestellt worden ist, ist der Antrag des Schuldners maßgeblich, der im vergangenen abgeschlossenen Geschäftsjahr die meisten Arbeitnehmer beschäftigt hat; die anderen Anträge sind unzulässig. 4Erfüllt keiner der gruppenangehörigen Schuldner die Voraussetzungen des Satzes 2, kann der Gruppen-Gerichtsstand jedenfalls bei dem Gericht begründet werden, das für die Eröffnung des Verfahrens für den gruppenangehörigen Schuldner zuständig ist, der im vorangegangenen abgeschlossenen Geschäftsjahr im Jahresdurchschnitt die meisten Arbeitnehmer beschäftigt hat.
(2) Bestehen Zweifel daran, dass eine Verfahrenskonzentration am angerufenen Insolvenzgericht im gemeinsamen Interesse der Gläubiger liegt, kann das Gericht den Antrag nach Absatz 1 Satz 1 ablehnen.
(3) Das Antragsrecht des Schuldners geht mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf den Insolvenzverwalter und mit der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters, auf den die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners übergeht, auf diesen über.
(4) Auf Antrag des Schuldners erklärt sich unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 das für Gruppen-Folgeverfahren zuständige Gericht, sofern es nach § 34 des Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetzes für Entscheidungen in Restrukturierungssachen zuständig ist, als Restrukturierungsgericht auch für Gruppen-Folgeverfahren in Insolvenzsachen nach Absatz 1 für zuständig.
Literatur: Brünkmans, Auf dem Weg zu einem europäischen Konzerninsolvenzrecht, ZInsO 2013, 797; ders., Entwurf eines Gesetzes zur Erleichterung der Bewältigung von Konzerninsolvenzen: Kritische Analyse und Anregungen aus der Praxis, ZIP 2013, 193; Busch/Remmert/Rüntz/Vallender, Kommunikation zwischen Gerichten in grenzüberschreitenden Insolvenzen, NZI 2010, 417; Eidenmüller, Verfahrenskoordination bei Konzerninsolvenzen, ZHR 169 (2005), 528; Eidenmüller/Frobenius, Ein Regulierungskonzept zur Bewältigung von Gruppeninsolvenzen: Verfahrenskonsolidierung im Kontext nationaler und internationaler Reformvorhaben, Beilage 3 zu ZIP 22/2013; Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz, 1998; Fölsing, Konzerninsolvenz: Gruppen-Gerichtsstand, Kooperation und Koordination, ZInsO 2013, 413; Graeber, Das Konzerninsolvenzverfahren des Diskussionsentwurfs 2013, ZInsO 2013, 409; Leutheusser-Schnarrenberger, Dritte Stufe der Insolvenzrechtsreform – Entwurf eines Gesetzes zur Erleichterung der Bewältigung von Konzerninsolvenzen, ZIP 2013, 97; Prütting, Insolvenzantragspflichten im Konzern, in: Festschrift Metzeler, 2003, S. 3; Rotstegge, Konzerninsolvenz, 2007; Schaaf/Filbinger, Rechtsprobleme im Zusammenhang mit der Begründung des Gruppengerichtsstands nach § 3a InsO, BB 2019, 1801; J. Schmidt, Das Prinzip „eine Person, ein Vermögen, eine Insolvenz“ und seine Durchbrechungen vor dem Hintergrund der aktuellen Reformen im europäischen und deutschen Recht, KTS 2015, 19; Splittgerber, Die örtliche Zuständigkeit in Insolvenzverfahren konzernverbundener Unternehmen, 2011, Thole, Das neue Konzerninsolvenzrecht in Deutschland und Europa, KTS 2014, 351; Vallender, Gerichtliche Kommunikation und Kooperation bei grenzüberschreitenden Insolvenzverfahren im Anwendungsbereich der EuInsVO, KTS 2008, 59; Vallender/Deyda, Brauchen wir einen Konzerninsolvenzgerichtsstand?, NZI 2009, 825; Verhoeven, Ein Konzerninsolvenzrecht für Europa, ZInsO 2012, 2369; ders., Die Konzerninsolvenz, 2011.

Übersicht

I. Entstehungsgeschichte und Normzweck II. Voraussetzungen (Abs. 1) 1. Schuldnerantrag 2. Gruppenangehörige Schuldner (§ 3e) 3. Die Bedeutung des Schuldners innerhalb der Unternehmensgruppe III. Mehrere Antragsteller IV. Das gemeinsame Interesse der Gläubiger (Abs. 2) V. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens VI. Die Entscheidung des Gerichts und ihre Anfechtung VII. Verknüpfung der Zuständigkeit mit Restrukturierungsmaßnahmen (Abs. 4)

Verlagsadresse

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG

Aachener Straße 222

50931 Köln

Postanschrift

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG

Postfach 27 01 25

50508 Köln

Kontakt

T (0221) 400 88-99

F (0221) 400 88-77

info@rws-verlag.de

© 2024 RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG

Erweiterte Suche

Seminare

Rubriken

Veranstaltungsarten

Zeitraum

Bücher

Rechtsgebiete

Reihen



Zeitschriften

Aktuell