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Flöther – 85. Lfg. 09.2020 – EuInsVO 2015 Artikel 38 – Entscheidung zur Eröffnung eines Sekundärinsolvenzverfahrens
RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG © RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG 978-3-8145-8700-4 Prütting/Bork/Jacoby (Hrsg.), KPB – Kommentar zur Insolvenzordnung 2020 Artikel 38 Entscheidung zur Eröffnung eines Sekundärinsolvenzverfahrens
(1) Das mit einem Antrag auf Eröffnung eines Sekundärinsolvenzverfahrens befasste Gericht unterrichtet den Verwalter oder den Schuldner in Eigenverwaltung des Hauptinsolvenzverfahrens umgehend davon und gibt ihm Gelegenheit, sich zu dem Antrag zu äußern.
(2) Hat der Verwalter des Hauptinsolvenzverfahrens eine Zusicherung gemäß Artikel 36 gegeben, so eröffnet das in Absatz 1 dieses Artikels genannte Gericht auf Antrag des Verwalters kein Sekundärinsolvenzverfahren, wenn es der Überzeugung ist, dass die Zusicherung die allgemeinen Interessen der lokalen Gläubiger angemessen schützt.
(3) Wurde eine vorübergehende Aussetzung eines Einzelvollstreckungsverfahrens gewährt, um Verhandlungen zwischen dem Schuldner und seinen Gläubigern zu ermöglichen, so kann das Gericht auf Antrag des Verwalters oder des Schuldners in Eigenverwaltung die Eröffnung eines Sekundärinsolvenzverfahrens für einen Zeitraum von höchstens drei Monaten aussetzen, wenn geeignete Maßnahmen zum Schutz des Interesses der lokalen Gläubiger bestehen.
1Das in Absatz 1 genannte Gericht kann Sicherungsmaßnahmen zum Schutz des Interesses der lokalen Gläubiger anordnen, indem es dem Verwalter oder Schuldner in Eigenverwaltung untersagt, Gegenstände der Masse, die in dem Mitgliedstaat belegen sind, in dem sich seine Niederlassung befindet, zu entfernen oder zu veräußern, es sei denn, dies erfolgt im Rahmen des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs. 2Das Gericht kann ferner andere Maßnahmen zum Schutz des Interesses der lokalen Gläubiger während einer Aussetzung anordnen, es sei denn, dies ist mit den nationalen Vorschriften über Zivilverfahren unvereinbar.
Die Aussetzung der Eröffnung eines Sekundärinsolvenzverfahrens wird vom Gericht von Amts wegen oder auf Antrag eines Gläubigers widerrufen, wenn während der Aussetzung im Zuge der Verhandlungen gemäß Unterabsatz 1 eine Vereinbarung geschlossen wurde.
Die Aussetzung kann vom Gericht von Amts wegen oder auf Antrag eines Gläubigers widerrufen werden, wenn die Fortdauer der Aussetzung für die Rechte des Gläubigers nachteilig ist, insbesondere wenn die Verhandlungen zum Erliegen gekommen sind oder wenn offensichtlich geworden ist, dass sie wahrscheinlich nicht abgeschlossen werden, oder wenn der Verwalter oder der Schuldner in Eigenverwaltung gegen das Verbot der Veräußerung von Gegenständen der Masse oder ihres Entfernens aus dem Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats, in dem sich seine Niederlassung befindet, verstoßen hat.
(4) 1Auf Antrag des Verwalters des Hauptinsolvenzverfahrens kann das Gericht nach Absatz 1 abweichend von der ursprünglich beantragten Art des Insolvenzverfahrens ein anderes in Anhang A aufgeführtes Insolvenzverfahren eröffnen, sofern die Voraussetzungen für die Eröffnung dieses anderen Verfahrens nach nationalem Recht erfüllt sind und dieses Verfahren im Hinblick auf die Interessen der lokalen Gläubiger und die Kohärenz zwischen Haupt- und Sekundärinsolvenzverfahren am geeignetsten ist. 2Artikel 34 Satz 2 findet Anwendung.
Literatur: Blank, Sanierung eines mittelständischen Unternehmens durch Insolvenzplan in Verbindung mit Eigenverwaltung und französischem Sekundärinsolvenzverfahren, ZInsO 2008, 412; Brinkmann, Hauptfragen der Reform des Europäischen Internationalen Insolvenzrechts, KTS 2014, 381; Fehrenbach, Die reformierte Europäische Insolvenzverordnung (Teil II), GPR 2017, 38; Fritz, Die Neufassung der Europäischen Insolvenzverordnung: Erleichterung bei der Restrukturierung in grenzüberschreitenden Fällen? (Teil 1), DB 2015, 1882; Garcimartín, The EU Insolvency Regulation Recast: Scope, Jurisdiction and Applicable Law, ZEuP 2015, 694; Keller, Fehlerhafte Zusicherung nach Art. 36 EuInsVO, ZInsO 2018, 1999; Madaus, As simple as it can be? – Anregungen zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Durchführung der Verordnung (EU) 2015/848 über Insolvenzverfahren (BT-Drs. 18/10823), NZI 2017, 203; Mock, Handlungsoptionen bei ausufernden Sekundärinsolvenzverfahren, ZInsO 2009, 895; Pluta/ Keller, Das virtuelle Sekundärverfahren nach der reformierten Europäischen Insolvenzverordnung, in: Festschrift Vallender, 2015, 437; Prager/Keller, Der Entwicklungsstand des Europäischen Insolvenzrechts, WM 2015, 1515; dies., Der Vorschlag der Europäischen Kommission zur Reform der EuInsVO, NZI 2013, 57; Schuster, Die Abgabe der Zusicherung nach Art. 36 I 2 EuInsVO durch den Hauptinsolvenzverwalter, NZI 2017, 873; Thole, Die Reform der Europäischen Insolvenzverordnung, ZEuP 2014, 39; Vallender, Europaparlament gibt den Weg frei für eine neue Europäische Insolvenzverordnung, ZIP 2015, 1515; Virgós/Schmit, Erläuternder Bericht zur Umsetzung des EU-Übereinkommens über Insolvenzverfahren, in: Stoll, Vorschläge und Gutachten zur Umsetzung des EU-Übereinkommens über Insolvenzverfahren im deutschen Recht, 1997, S. 32; Wimmer, Übersicht zur Neufassung der EuInsVO, jurisPR-InsR 7/2015 Anm. 1.

Übersicht

I. Normzweck II. Unterrichtungspflicht und Anhörungsrecht (Abs. 1) III. Gerichtliche Entscheidung 1. Grundsatz 2. Abweichende Verfahrenseröffnung (Abs. 4) IV. Eröffnung des Sekundärinsolvenzverfahrens trotz vorheriger Zusicherung (Abs. 2) 1. Ausgangsgegebenheiten 2. Verfahrensstadium der Zusicherung 3. Handlung des Hauptinsolvenzverwalters 4. Gerichtliche Entscheidung V. Aussetzung des Sekundärinsolvenzverfahrens (Abs. 3) 1. Grundsätzliches 2. Anwendungsbereich der Insolvenzordnung 3. Sicherungsmaßnahmen 4. Gerichtliche Entscheidung 5. Widerruf der Aussetzung

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