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Madaus – 90. Lfg. 12.2021 – EuInsVO 2015 Artikel 3 – Internationale Zuständigkeit
RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG © RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG 978-3-8145-8700-4 Prütting/Bork/Jacoby (Hrsg.), KPB – Kommentar zur Insolvenzordnung 2022 Artikel 3 Internationale Zuständigkeit
(1) 1Für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens sind die Gerichte des Mitgliedstaats zuständig, in dessen Hoheitsgebiet der Schuldner den Mittelpunkt seiner hauptsächlichen Interessen hat (im Folgenden „Hauptinsolvenzverfahren“). 2Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen ist der Ort, an dem der Schuldner gewöhnlich der Verwaltung seiner Interessen nachgeht und der für Dritte feststellbar ist.
1Bei Gesellschaften oder juristischen Personen wird bis zum Beweis des Gegenteils vermutet, dass der Mittelpunkt ihrer hauptsächlichen Interessen der Ort ihres Sitzes ist. 2Diese Annahme gilt nur, wenn der Sitz nicht in einem Zeitraum von drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens in einen anderen Mitgliedstaat verlegt wurde.
1Bei einer natürlichen Person, die eine selbständige gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeit ausübt, wird bis zum Beweis des Gegenteils vermutet, dass der Mittelpunkt ihrer hauptsächlichen Interessen ihre Hauptniederlassung ist. 2Diese Annahme gilt nur, wenn die Hauptniederlassung der natürlichen Person nicht in einem Zeitraum von drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens in einen anderen Mitgliedstaat verlegt wurde.
1Bei allen anderen natürlichen Personen wird bis zum Beweis des Gegenteils vermutet, dass der Mittelpunkt ihrer hauptsächlichen Interessen der Ort ihres gewöhnlichen Aufenthalts ist. 2Diese Annahme gilt nur, wenn der gewöhnliche Aufenthalt nicht in einem Zeitraum von sechs Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens in einen anderen Mitgliedstaat verlegt wurde.
(2) 1Hat der Schuldner den Mittelpunkt seiner hauptsächlichen Interessen im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, so sind die Gerichte eines anderen Mitgliedstaats nur dann zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens befugt, wenn der Schuldner eine Niederlassung im Hoheitsgebiet dieses anderen Mitgliedstaats hat. 2Die Wirkungen dieses Verfahrens sind auf das im Hoheitsgebiet dieses letzteren Mitgliedstaats befindliche Vermögen des Schuldners beschränkt.
(3) Wird ein Insolvenzverfahren nach Absatz 1 eröffnet, so ist jedes zu einem späteren Zeitpunkt nach Absatz 2 eröffnete Insolvenzverfahren ein Sekundärinsolvenzverfahren.
(4) 1Vor der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens nach Absatz 1 kann ein Partikularverfahren nach Absatz 2 nur eröffnet werden, falls:
  • a) die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens nach Absatz 1 angesichts der Bedingungen, die das Recht des Mitgliedstaats vorschreibt, in dessen Hoheitsgebiet der Schuldner den Mittelpunkt seiner hauptsächlichen Interessen hat, nicht möglich ist oder
  • b) die Eröffnung des Partikularverfahrens von
    • i) einem Gläubiger beantragt wird, dessen Forderung sich aus dem Betrieb einer Niederlassung ergibt oder damit im ZusamZusammenhangmenhang steht, die sich im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats befindet, in dem die Eröffnung des Partikularverfahrens beantragt wird, oder
    • ii) einer Behörde beantragt wird, die nach dem Recht des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet sich die Niederlassung befindet, das Recht hat, die Eröffnung von Insolvenzverfahren zu beantragen.
2Nach der Eröffnung des Hauptinsolvenzverfahrens wird das Partikularverfahren zum Sekundärinsolvenzverfahren.
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Übersicht

I. Regelungsgegenstand II. Regelungshintergrund III. Handhabung der Regelung in der Praxis IV. Zuständigkeit für die Eröffnung des Hauptinsolvenzverfahrens (Abs. 1) 1. Grundlagen 2. Die Feststellung des COMI a) Ausgangspunkt: Die Vermutung des COMI b) Die Betrachtung der tatsächlichen Gegebenheiten c) Die Abwägung 3. Sonderfall: gruppenangehörige Schuldner? a) Die Rechtsprechung des EuGH b) Kritik c) Weltweiter Entscheidungseinklang 4. Zuständigkeitskonflikte V. Zuständigkeit für die Eröffnung eines Partikularinsolvenzverfahrens (Abs. 2–4) 1. Bedeutung von Partikularinsolvenzverfahren 2. Voraussetzungen für die Eröffnung eines Sekundärinsolvenzverfahrens 3. Zuständigkeit für die Eröffnung eines isolierten Partikularinsolvenzverfahrens (Abs. 4) a) Unmöglichkeit der Verfahrenseröffnung am COMI (Abs. 4 Satz 1 Buchst. a) b) Niederlassungsbezug (Abs. 4 Satz 1 Buchst. b) c) Die Prüfung des Insolvenzgrundes

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